Sicherheit sorgt für Unsicherheit

Der Hundebesitzer möchte seinen Hund unterstützen, ihm Sicherheit geben und wiederholt den Satz „Alles in Ordnung“ mit beruhigenden Worten immer wieder.

In vielen Fällen folgt dem Versprechen von Sicherheit eine unangenehme Sache, vor der sich der Hund fürchtet.

Wann wird diese Zusicherung von Sicherheit angewendet?

Typische Situationen sind:

  • im Warteraum des Tierarztes,
  • bei der Behandlung durch den Tierarzt,
  • bei lauten Geräuschen,
  • in verkehrsreicher Gegend,
  • während der Begegnung mit anderen Hunden, fremden Menschen,
  • unbekannte Besucher oder ein bestimmter Besucher usw.

Wie fühlt sich ein Hund in diesen Situationen?

Wir benutzen den Satz „Alles in Ordnung“, wenn der Hund sich fürchtet, wenn er deutliche Symptome der Angst zeigt und sich Unsicherheit ausbreitet.

Also könnte der Satz auch heißen: „Nichts ist in Ordnung.“ Das würde der Wahrheit mehr entsprechen.

Woher kommt es nun, dass wir diese Worte benutzen?

Wir selbst haben sie als Sicherheitssignale, als wirksame Beruhigung aus der Kindheit übernommen. Sie finden Anwendung in unserer alltäglichen Kommunikation.

Mit unseren Hunden leben wir in sozialer Gemeinschaft, das heißt wir sprechen, lachen und weinen mit ihnen. Wir trösten, nörgeln, schimpfen, loben und tadeln sie, wie wir es mit auch mit den Menschen um uns herum tun.

Jedoch kann der Hund unsere Worte und die gute Absicht dahinter nicht kognitiv erfassen

Er verknüpft das, was er gerade tut, fühlt oder erlebt mit einem Reiz aus der Umgebung.

Deine Worte, die Sicherheit vermitteln sollen, werden mit dem Zustand der Angst, dem Schmerz oder zumindest mit dem Gefühl von Unbehagen verknüpft.

Obwohl du mit beruhigender Stimme sprichst, kann diese nicht über das Unbehagen hinwegtäuschen, welches dein Hund in dieser Situation empfindet.

Wie kannst du es besser machen?

Wie kannst du ein Sicherheitssignal aufbauen?

  • Überlege dir einen Satz oder ein Wort, eine kleine Melodie welches du als Sicherheitssignal verwenden möchtest. Bespiel: „Ruuuuhig, Ruuuhe“
    Du kannst auch ein Kinderlied oder ein Schlaflied summen.
  • Dieses neue Sicherheitssignal sagst oder summst du immer, wenn dein Hund entspannt ist oder wenn er friedlich döst.
    Du kannst eine sanfte Berührung an der Schulter hinzufügen und leise das Sicherheitssignal säuseln.

  • Wiederhole dies in den nächsten 4 Wochen.
    Wenn du am Tag auf 40 Wiederholungen kommst, hast du nach 4 Wochen über 1000 Mal das Sicherheitssignal ausgesprochen. Damit ist die Grundlage für eine erfolgreiche Konditionierung gelegt.
  • Sollte eine kleine Unsicherheit durch z.B. einen ungewöhnlichen Gegenstand bei deinem Hund ausgelöst werden, dann untersuche du ihn zuerst.
    Sei etwas angespannt, nähere dich im Bogen, betrachte dieses DING von allen Seiten, berühre es und werde immer entspannter. Dann atmest du hörbar aus, sagst dein Sicherheitssignal, entspannst dich und gehst zu deinem Hund zurück.
  • Lasse deinen Hund in seinem Tempo die Sache untersuchen und lobe ihn für seinen Mut.
  • Konditioniere das Sicherheitssignal immer wieder nach. Das bedeutet, dass du die Verknüpfung zwischen Wort und Emotion immer wieder festigst – das endet nie!
  • Hast du das Signal für Sicherheit in unsicheren Situationen verwendet, dann lade es unbedingt wieder positiv auf.
    Das Gehirn merkt sich die gefährlichen Dinge, die Informationen, die Unsicherheit voraussagen besser. Also ist das Überschreiben der negativen Bedeutung ein wesentlicher Teil des Konditionierungsprozesses.
  • Wenn dein Hund etwas entdeckt, was ihn beunruhigt, lass im ein paar Sekunden Zeit, die Lage zu checken.
    Seine Sinne müssen die Situation erstmal erfassen und dann darfst du mit dem konditionierten Sicherheitssignal unterstützen.

„Alles in Ordnung“ soll dem Hund Sicherheit geben, sorgt aber oft für Unsicherheit.

 

In diesem Podcast erfährst du:
  • Wann sagen „Hundeeltern“ diesen Satz?
  • Woher kommt diese Formulierung?
  • Warum teilen wir dies dem Hund mit?
  • Welche Wirkung haben diese Worte tatsächlich und welche Verknüpfungen entstehen auf neuronaler Ebene?
  • Wie kannst du deinen Hund durch den Aufbau von wirkungsvollen Sicherheitssignalen unterstützen?

 

Links zur Folge:

Folge 21: Worte wie Schall und Rauch?
Folge 22: Angst tut weh